2. Kein Hunger

Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

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Unsere Buchempfehlung

Foodmonopoly

Das riskante Spiel mit billigem Essen

ISBN: 978-3-86581-664-1
Autoren: Ann-Helen Meyer von Bremen / Gunnar Rundgren
Verlag: oekom
Umfang: 239 Seiten

Rezension von Sacha Rufer, umweltnetz-schweiz

Angesichts des steten globalen Bevölkerungs-wachstums stellt sich die Frage: Wie sollen diese Menschenmassen ernährt werden? Die grossen Agrarkonzerne nutzen diese Verunsicherung, um uns ihre gentechnisch aufgeputschte industrielle Landwirtschaft als alternativlos vorzuführen. Doch sollen wir ihnen das glauben? Das vorliegende Buch entführt uns auf der Suche nach einer gültigen Antwort auf eine kurze Weltreise.

Wir hier in den europäischen Wohlfahrtsstaaten sind direkte Nutzniesser der agrarwirtschaftlichen Ertragssteigerungen, die die sogenannte Grüne Revolution mit ihren Kunstdüngern und mannigfaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln damals anstiess. Mangelernährung oder gar unfreiwilliger Hunger gehören kaum zu unseren Problemen, und die Kosten für Lebensmittel sind so niedrig, dass wir uns gegen einen kleinen Aufpreis sogar für die Produkte einer ökologisch orientierten Landwirtschaft entscheiden können… Sollten wir der gebräuchlichen industrialisierten Landwirtschaft also etwas dankbarer sein? Und überhaupt: Kann der biologische Landbau seine Versprechen der ökologischen Nachhaltigkeit auch mit einem Versprechen der nachhaltigen Ernährungssicherheit abrunden? Ann-Helen Meyer von Bremen und Gunnar Rundgren nehmen die diesbezüglichen Zweifel und die Argumente der Agrarkonzerne ernst, während sie in einer spannenden Reportage einen amerikanischen Rohstoffhändler, eine afrikanische Kleinbäuerin oder einen brasilianischen Rinderzüchter zu Wort kommen lassen.

Die zwei schwedischen Autoren erläutern uns im Zuge einer globalen Rundreise, wie unsere Nahrung angebaut, veredelt, verbraucht, verschoben und gehandelt wird, wie ihr verblüffend (und wahrscheinlich sogar unverantwortlich) niedriger Preis zustande kommt und wer dennoch daran verdient. Sie informieren uns dabei über die ökologischen, marktwirtschaftlichen und sozialen Kosten dieser Prozesse mit möglichst umfassendem Blick auf die verschieden gearteten Interessen dahinter und ohne sich auf geläufige Sündenböcke einzuschiessen. Es ist zum einen diese Bemühung um Unvoreingenommenheit, die das Buch aus den Stapeln vergleichbarer Literatur heraushebt. Wir nennen es ‚Bemühung‘, da es uns dann doch wenig überraschte, als wir uns nach halber Lektüre über den Hintergrund der Autoren orientierten und in Gunnar Rundgren den früheren Präsidenten der ‚Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen‘ (IFOAM) wiedererkannten. Gleichwohl treffen wir nur selten auf Spuren ‚grüner‘ Dogmatik, und wenn, erkennen wir sie höchstens an dem erhöhten Kraftaufwand, sie zu überwinden. In diesem Sinne bleiben dann, wenn wir gleich zum Auftakt die altehrwürdige Getreidebörse in Chicago besuchen und uns danach auf einen Abstecher zu zwei höchst unterschiedlichen Bauernfamilien im amerikanischen ‚Roundup-Ready-Land‘ begeben, die teilweise widersprüchlichen Statements der Protagonisten erst mal so stehen, wie sie getätigt wurden. Erst später – wir ziehen indessen weiter nach Südamerika, nach Afrika, nach Indien – werden diese Argumente untermauert mit Informationen, mit ergänzenden Einblicken und einer zunehmend globalen Übersicht über die Herausforderungen und die möglichen Lösungen für die Probleme, der sich eine ehrliche Bestrebung zu nachhaltiger Landwirtschaft gegenübersieht. Einfache oder gar universelle Lösungen, so wird uns besonnen vermittelt, sind das nie. Aber fass- und machbare Lösungen gibt es gleichwohl.

Der durchdachte Aufbau des Buches ist sein zweites Verdienst. Während sein Reportagestil uns unmittelbare und sehr lebendige Eindrücke gönnt, gelingt es den Autoren auf vergleichbar engem Raum, uns in die immense Breite der Problemstellungen und ihrer Querverbindungen nicht nur einzuführen, sondern sie auch gleich fundiert zu diskutieren. Im Vorbeigehen offenbaren sich dabei Dilemmata, denen gerade wir Ökos uns stellen müssen. So beispielsweise bezüglich der weithin verbreiteten Praxis eines konservierenden Umweltschutzes, der gern auch mal wertvollen Ackerboden in ein Umweltschutzgebiet verwandelt. Die Autoren verteidigen diesbezüglich ihre Vision einer Landwirtschaft, die nicht anstatt, sondern innerhalb funktionierender Naturkreisläufe agiert und damit die Konkurrenz gar nicht erst befördert: Eine nur scheinbare Selbstverständlichkeit, die noch einiger grundsätzlicher Weichenstellungen bedarf. Oder bezüglich des lieben Fleischkonsums: Unbestritten bleibt die Tatsache, dass wir damit heillos übertreiben. Doch die Autoren machen uns ebenfalls darauf aufmerksam, dass ein Grossteil des agrarisch nutzbaren Landes eben nicht zur Ackerkrume, sondern nur zum Weideland taugt.

Ihre Antwort auf die grundsätzliche Frage, ob auch ein ökologischer Landbau der Aufgabe der Welternährung gewachsen wäre, ist ein eindeutiges Ja. Mehr noch: Da Nahrungssicherheit das eine, eine nachhaltige Ernährungssicherung aber nochmals ein ganz anderes Blatt ist, hat die ökologische Landwirtschaft klar die besseren Karten in der Hand. Das erfordert aber – so die leicht zugängliche und wirksame Erkenntnis des Buches – neben der löblichen Anpassung unseres persönlichen Konsumverhaltens auch die Einsicht, dass eine zukunftsfähige Landwirtschaft nicht nach den bequemen Regeln einer reinen Marktwirtschaft funktionieren kann. Bezüglich der politischen Entscheidungen, die aus dieser Einsicht folgen müssen, bietet das Buch tiefgründige und glaubwürdige Orientierung.

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